Meister Eckhart auf der Bühne
RBB Kulturradio, Kulturtermin, 4.6.2010
Radiobesprechung zu dem Stück „Meister Eckart – Ich und Gott sind eins“
Von Elena Griepentrog
Das Bühnenbild ist karg. Ein Tisch, ein Stuhl, ein Bett. Meister Eckart, der große theologische Denker und Mystiker, sitzt in einer Gefängniszelle. Er übt seine Verteidigungsrede. Am Ende seines Lebens wartet er auf seinen Prozess - mit Dreitagebart, modernem Priesterhemd und Priesterkragen. Lange hat man ihn gewähren lassen mit seinen Schriften und Predigten, die zum Revolutionärsten gehören, was in der Kirche je geschrieben worden ist. Vor allem stellt Meister Eckart das Gottesbild komplett auf den Kopf, es ist frei von jeglicher Demut. Nun, im hohen Alter, erwischt es auch ihn, er muss sich vor der Inquisition wegen Ketzerei verantworten. Das Stück „Meister Eckart – Ich und Gott sind eins“ ist jedoch nicht nur für Kenner der Historie gedacht. Der Meister stellt sich dem Publikum höchst persönlich vor.
Am Ende seines Lebens lässt Meister Eckart, dargestellt von dem Dresdner Schauspieler Werner Schuster, sein Leben Revue passieren. Es geht um Gerechtigkeit, um persönliche Schuld, in die er sich bei aller Genialität vielleicht auch verstrickt hat, um Verantwortung, um Eitelkeiten und immer wieder auch um seine eigene, große Theologie. Es geht im Stück aber auch darum, nicht nur ein theologisches und philosophisches Genie vorzustellen, sondern auch einen Menschen in all seiner Zerrissenheit. Mit den Mitteln des Theaters schafft es Stückautor Harald-Alexander Korp, auch Eckarts anspruchsvolle Schriften auf die Bühne zu bringen.
O-Ton Korp: Die Schriften sind natürlich soweit integriert, wie weit es möglich ist, das dem Zuschauer zuzumuten, im wahrsten Sinne des Wortes den Mut zu finden, sich mit den oft ja sehr komplizierten Sätzen auch zu beschäftigen. Aber aus der Story und seinen Sätzen, seinen Lehrinhalten gemeinsam natürlich ist das Stück dann gebaut.
Für eben dieses Gottesbild - Mensch und Gott auf einer Augenhöhe -wird Meister Eckart noch nach seinem vermutlich natürlichen Tod verurteilt. Auf der Bühne tobt Eckart, geht in den Dialog mit dem Publikum, hält Predigten und Vorlesungen und prüft auch kritisch, ob ihm in der Not seine eigene Werke überhaupt helfen. Und er wird von Alpträumen verfolgt. Von seiner Zeitgenossin, der Begine Margerite Porete. Sie ist nicht nur seine mögliche heimliche Liebe, sondern auch eine Mysterikerin, die für ihre Schrift „Spiegel der einfachen Seele“ bis auf den Scheiterhaufen geht.
Das Stück „Meister Eckart – Ich und Gott sind eins“ ist ein abwechslungsreicher Monolog. Letztlich geht es um bleibende Fragen: die Gestaltung der Gesellschaft, die persönlichen Werte, Sinn und die Urgründe des menschlichen Lebens. Die Berliner Theaterprofis sind das Wagnis eingegangen, die Biografie eines Theologen und Philosophen auf die Bühne zu bringen, der eine regelrechte Fangemeinde hat und gleichermaßen von Christen, Buddhisten und Esoterikern verehrt wird. Bei aller Kritik auch an der damaligen Amtskirche geht es dabei nicht in erster Linie um Kirchenkritik.
Regisseur Boris Knop:
O-Ton Knop: Es geht jetzt nicht um einen Skandal im weitesten Sinne, sondern es geht um sein Leben, und es geht um die Darstellung eines Menschen, der glaubt. Der einen Glauben hat und diesen auch erfahrbar darstellt. In all seinen Facetten, in der Faszination, in der Fröhlichkeit, der Glauben, was da in dem Wort drin steckt, aber auch in der Verzweiflung darüber. Also, muss ich das jetzt weitermachen, wie weit gehe ich. Und ich finde das völlig legitim für ein Theaterstück.
Die nächsten Vorstellungen sind der 4.und 5.6 um 21 Uhr sowie am 10.-12. September in der Ölberg- Kirche, Lausitzer Straße 28 in Berlin-Kreuzberg. Karten können unter der Telefonnummer 01578 – 75 61 775 reserviert werden.
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